Butterbettchen

Elisabeth Agnes Becker, genannt Butterbettchen oder auch Butterbettken

Butterbettchen - Marktfrau aus Hellefeld
Butterbettchen vor Tillmannns Gässchen
in Alt Arnsberg - hier am Alten Markt verkaufte sie ihre Waren.

Geboren 31. März 1858 in Hellefeld
Gestorben 4. Juni 1932 in Enkhausen
Mutter: Katharina Stahl gest. 15. März 1890
Vater: Franz Anton Becker gest.15. August 1899

Ich hoffe sehr, dass sich Butterbettchen nicht im Grabe herumdreht, wenn sie wüsste, dass es eine Internetseite über sie gibt. Sie hätte die potentiell globale Aufmerksamkeit auf ihre Person vielleicht beängstigend gefunden. Oder zumindest unangemessen. Dabei war sie eine dieser besonderen Sauerländer Frauen, ein „Twiärsbraken“, wie man bei uns so schön sagt, ein Original eben. Wie ein knorrig gewachsener Stamm, unverwechselbar.

Butterbettchen ging ein Leben lang als Händlerin den langen Weg durch den Arnsberger Wald, von Hellefeld bis Arnsberg. Bei Wind und Wetter brachte sie Eier, Butter und andere landwirtschaftliche Produkte auf den Markt nach Arnsberg.

Butterbettchen - Denkmal in Arnsberg auf dem Gutenbergplatz
Butterbettchen Denkmal in Arnsberg
am Gutenbergplatz, dem
heutigen Marktplatz in Arnsberg


Auf dem Rückweg nahm sie Medikamente aus der Apotheke mit für ihr Dorf, unentgeldlich. Das war in damaliger Zeit, wo noch niemand mobil war, eine große Hilfe. Und Hilfsbereitschaft war überhaupt eine ihrer hervorstechendsten Eigenschaften. Ein Schreiben aus dem Jahr 1917 an die „Geehrte Frau Regierungspräsident“ (sie dachte sich sicher, die Frau vom Chef hat eher ein offenes Ohr für so was) ist überliefert: Sie beklagt darin, über 100 Eier nach Freienohl liefern zu müssen, wo „jede Familie eine Kuh, oder Ziegen oder selbst Hühner“ habe und schreibt: „Ich wollte die Eier lieber in die Lazarette bringen.“ (nach Arnsberg). Landrat Haselinde antwortete ihr beschwichtigend, „Arnsberg kommt dabei nicht zu kurz“, ob sie es geglaubt hat, ist nicht überliefert

Butterbettchen schrieb Tagebuch. Jede ihrer Einnahmen verzeichnete sie und überlieferte damit eines der wenigen Zeugnisse eines alltäglichen Arbeiterinnen-Lebens ihrer Zeit. Im Jahr 1900 kaufte sie sich einen Esel („Hans“, am 20.11.), um sich das Leben ein bisschen einfacher zu machen. Er machte es ihr erst richtig schwer. Die Krücke war störrisch für zehn und schmiss sie einmal mitsamt ihrer Marktware in den Graben. Das war seine letzte Dummheit in ihren Diensten. Sie verkaufte ihn und ging wieder zu Fuß. Immerhin hat er es geschafft, sie vom Tagebuchschreiben abzuhalten, im ganzen Jahr 1902 fehlen die Eintragungen. 1903 war der Esel verkauft und Butterbettchen wieder per pedes unterwegs, 13 Pfund Ware nach Arnsberg tragend.
Luxus war ihr fremd. Als sie von einer jungverheirateten Braut um ihre Meinung zu den schönen goldenen Bettpfosten des Ehebettes gefragt wurde, meinte sie lapidar: „Ihre Leibschmerzen fühlen sie in diesem Bett genauso wie in einem anderen.“
Dass ihr Denkmäler gesetzt würden, oder dass es einen „Butterbettchenweg“ und eine „Butterbettchenbrücke“ geben würde ... sie hätte wohl gelacht und „ach, geh doch wech“ gesagt. Aber für diese Bescheidenheit erinnert man sich noch heute an sie.

Butterbettchen - Denkmal in Hellefeld
Butterbettchen-Denkmal in Hellefeld, Bild von Ulla Mette, vielen Dank!

Ihre alten treuen Arnsberger Freunde haben Butterbettchen manchen Nachruf gewidmet: in einem heißt es in plattdeutscher Mundart: "Joh, Bättken wor fruem. Opp syenen langen äinsamen Wiägen harret liuter syenen Räosenkranz innen Hännen. Ick wöll, dat alle Mensken säo wören, dann gäfftet keinen Hisshass un Bedraigen in der gräoten Welt. Urse Hiärgott währt diäm laiwen ollen Mömmeken en guret Plätzken imme Himmel prot maket hewwen. Riuhe sanft, diu laiwe Miäken!" (ja, Bettchen war fromm. Auf ihren langen einsamen Wegen hatte sie immer ihren Rosenkranz in den Händen. Ich wünschte, daß alle Menschen so sein würden, dann gäbe es keinen Hisshass und kein Betrügen in der großen Welt. Unser Herrgott wird dem lieben alten Mütterchen ein gutes Plätzchen im Himmel bereitet haben. Ruhe sanft, Du liebes Mädchen!)

Sie starb am 4. Juni 1932 nach einem Unfall und liegt in Enkhausen begraben, wo auch Bundespräsident Lübke seine letzte Ruhestätte fand. Zu ihrem 150. Geburtstag im März 2008 besuchte eine Ehrendelegation ihr Grab und gedachte der kleinen Marktfrau.

2007 gab es den ersten Butterbettchen-Markt in Arnsberg, wo eine verkleidete Dame mit Eierkörbchen die Marktfrau mimte. Butterbettchen ist inzwischen eine Marke geworden.

Und da es es schon zwei Denkmäler, eine Brücke, einen Markt und eine Internetseite über sie gibt, hat ein moderner Schatzsucher inzwischen sogar einen Geocache nach ihr benannt. Unter geocaching.com kann man sich Informationen dazu holen. Inzwischen gibt es auch einen zweiten.

Was ihr sicher gefallen hätte, ist ihr Dasein als Krippenfigur in der Heimatkrippe der Rochus-Kapelle der St. Johannes Ev. Gemeinde Sundern. Aus Lindenholz geschnitzt steht sie seit der Adventszeit 2002 da mit ihrem Körbchen zwischen den mehr oder minder prominenten Söhnen und Töchtern der Stadt.

Als diese Internetseite etwa 2000 entstand, gab es noch keinen einzigen Suchmaschinentreffer (damals hieß das noch nicht "Google", sondern Altavista oder Yahoo) über das Mömmeken. Inzwischen sind es über zehn Trefferseiten, und es wird sicher noch mehr.
Sei´s drum, Hauptsache, wir vergessen dabei nicht die Originale, die noch leben! Twiärsbraken gibt es auch heute noch im Sauerland, überlegt mal ob ihr einen kennt, und besucht ihn oder sie bei Gelegenheit! Besser kann man Butterbettchen nämlich nicht in Ehren halten.

Aus verschiedenen Quellen zusammengetragen von Susanne Ulmke

 

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